Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft, sondern aus unbeugsamen Willen

 Rezension 

"Mitternachtsschwarz - Dienerin des Schicksals" von Jessica Wismar 

 

Lin, Nastja, Phineas und Kassandra sind Spione der Anamie und damit Schachfiguren in einem nie endend wollenden Krieg zwischen den Anamie und den Aglaia. Sie sollen den Anamie einen taktischen Vorteil gegenüber der Aglaia verschaffen, damit die Anamie ihrem Ziel näherkommen das Volk der Aglaia zu unterjochen. Allerdings sind die vier Freunde nicht freiwillig dazu ausgebildet worden. Als Kinder wurden sie ihren Eltern entrissen und fern der Heimat umerzogen, um fortan loyal den Anamie zu dienen. Sie haben aber nie vergessen, woher sie kamen und immer wieder erkannt, welche grauenhaften und ehrlosen Taten sie im Auftrag der Anamie ausführen sollten. Als der Anführer ihres Teams in einer Schlacht stirbt, sehen sie ihren Zeitpunkt gekommen, endlich aus der Gefangenschaft der Anamie zu fliehen. Aber werden sie es auch schaffen?

Der Anfang des Buches hat mich schon positiv überrascht. Neben einer detaillierten Weltkarte befand sich auch ein Bild der acht Heiligen der acht Domänen vor dem eigentlichen Text des Buches. Dies hat mich schon gut auf die Geschichte eingestimmt und mich vor allem neugierig gemacht, was mich in den nächsten Kapiteln erwarten wird.

Die Geschichte beginnt mit der Flucht der 4 Freunde aus der Gefangenschaft der Anamie und dreht sich im Verlauf des Buches schwerpunktmäßig um Lin, die die Schrecken ihrer Gefangenschaft nach und nach versucht zu verarbeiten. Gerade dieser Prozess fand ich sehr stimmig und nachvollziehbar umgesetzt. Zwar versucht sie ihre Maske aufrecht zu erhalten und versteckt sich hinter Desinteresse und witzigen Sprüchen, aber schon bald merkt man, dass unter der Fassade ein ziemlicher Konflikt brodelt. Das ist auch einer der Gründe, warum mir Lin von Anfang an sympathisch war. Sie ist gebrochen und leidet unter ihrer Vergangenheit, aber lässt sich davon nicht beherrschen, sondern versucht immer Wege zu finden, andere zu beschützen und sie nicht mit unbedachten Worten zu verletzen. Sie versucht ein besserer Mensch zu werden, um damit ihre Schuld, die sie bei den Anamie auf sich geladen hat, zu begleichen. Allerdings merkt sie dabei selbst kaum, was für ein toller Mensch sie eigentlich ist, sondern denkt über sich selbst, dass sie keine Erlösung verdient hat.

Umso mehr hat es mich deswegen gefreut, dass sie im Laufe des Buches Menschen trifft, die ihr durchaus das Gefühl geben, wichtig zu sein und sie es verdient hat, glücklich zu werden. Besonders Dante fand ich einen tollen Charakter, der Lin versteht, da sie ein ähnliches Schicksal verbindet. Er bringt sie auch zum Lachen und neben der sonstigen eher düsteren Geschichte sind ihre Gespräche wahre Lichtblicke und stimmen Lin hoffnungsvoll.

Zudem fand ich das Konzept der Welt von Mitternachtsschwarz sehr interessant. Neben den Kapiteln, in denen wir Lins Geschichte verfolgen, gibt es auch kryptische Kapitel, in denen die Ingenia, die Heiligen der acht Domänen ihren Auftritt haben. Sie wachen über die Zukunft und dienen als Berater für die Könige, damit diese auf die Veränderung der Zukunft Einfluss nehmen können. Am Anfang habe ich noch nicht wirklich verstanden, welchen Zweck die Ingenia verfolgen, denn sie haben durchaus auch eigene Ziele, aber im Laufe der Geschichte wird vieles klarer. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie dieses Konzept in den weiteren Bänden umgesetzt wird.

Darüber hinaus fand ich es auch sehr bemerkenswert, wie verschiedene ernste Themen während der Geschichte angesprochen werden. Neben dem Missbrauch von Untergebenen und der Diskriminierung verschiedener Rassen werden auch die Vor- und Nachteile matriarchalischer Regierungssysteme dargestellt. Besonders gut gefallen daran hat mir, dass diese Themen nie bewertet werden, sondern einfach nur angesprochen werden und man sich so seine eigene Meinung bilden kann.

Demnach kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine düstere Geschichte über eine ehemalige Spionin lesen möchte, die auf der Suche nach Erlösung für ihre Taten ist.

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