Fortschritt ist nur möglich, wenn man intelligent gegen die Regeln verstößt.

 Rezension 

"Die Tinktur des Todes" von Ambrose Parry

 

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Will Raven hat, nach Jahren des Studiums und der Entbehrungen, es endlich geschafft eine Anstellung als Famulus bei Dr. Simpson, einem bekannten Arzt auf dem Gebiet der Geburtshilfe, zu erhalten. Doch kurz bevor Will seine neue Arbeit antreten kann und damit die Aussicht auf ein besseres Leben in greifbarer Nähe hat, findet er seine Freundin Evie tot auf. Da sie eine stadtbekannte Hure ist, kümmert sich niemand um deren Tod, obwohl Will davon überzeugt ist, dass sie ermordet worden ist. Schon bald darauf tauchen weitere Frauenleichen auf. Ihre Gemeinsamkeit ist eine unnatürlich verrenkte Körperhaltung und eine vermutete Schwangerschaft. Will glaubt nicht an Zufälle und befindet sich schon bald inmitten einer Verschwörung. Ihm zur Seite steht, dass Dienstmädchen Sarah, die sich nicht aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung davon abbringen lässt, Nachforschungen anzustellen und sich gefährliches Wissen anzueignen. Eine spannende Jagd nach dem Mörder der Frauen quer durch Edinburgh nimmt seinen Lauf.

Besonders gut gefallen hat mir die dichte und packende Erzählung, die sich als historischen Schauplatz der Stadt Edinburgh im Jahre 1847 bedient. Da ich selbst schon einmal die Möglichkeit hatte, dort hinzureisen, waren mir viele Straßennamen und Gegenden bekannt und es hat sich angefühlt, als ob ich mit Will und Sarah noch einmal die Möglichkeit habe in den Straßen von Edinburgh zu wandeln. Zwar ist das Edinburgh der Geschichte düsterer und dunkler als das Edinburgh aus meiner Erinnerung, aber dafür umso interessanter und die Stadt wirkt durch die Erzählung regelrecht lebendig.

Eine weitere Besonderheit der Geschichte ist, dass man tiefe Einblicke in den medizinischen Stand im Jahre 1847 bekommt. Man kann sagen, dass es eine Geschichte des Fortschritts ist und als Leser wird man mit auf eine Reise genommen, die Anfänge der Anästhesie miterleben und nachvollziehen zu können. Einige Kapitel sind dadurch schwieriger zu lesen, wenn man generell mit dem Thema nicht vertraut ist, aber das Autorenduo hat es geschafft mein Interesse an dem Thema Anästhesie zu wecken und ich habe das Gefühl nach dem Lesen des Buches etwas dazugelernt zu haben.

Mein Lieblingscharakter des Buches ist eindeutig das Hausmädchen Sarah. Obwohl sie zu einer Zeit lebt, in der die Rolle der Frau im alltäglichen Leben nur die Rolle der Mutter und Gattin vorsieht, stellt sie immer wieder kritische Fragen und hinterfragt die Sinnhaftigkeit dieses Zustands. Dies eröffnet dem Leser die Möglichkeit, selbst darüber nachzudenken, welche Gründe die Menschen damals hatten, eine solche Weltanschauung zu verfolgen. Gleichzeitig hat es mich traurig gestimmt eine so junge und talentierte Frau zu sehen, die ebenso das Zeug dazu hätte Famulus bei Dr. Simpson zu werden und der einzige Grund, warum sie das nicht tun kann, ist der Umstand, dass sie eine Frau ist.

Schon recht früh im Buch hatte ich eine Vermutung, wer der Mörder ist und diese Vermutung hat sich auch schlussendlich bewahrheitet, aber dies so früh zu ahnen, hatte ich nicht als Manko empfunden. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, Will und Sarah bei ihren Ermittlungen zu begleiten und ich kann nur jedem dieses Buch empfehlen, der einen spannenden, historisch korrekten Krimi sucht. Ich für meinen Teil werde noch lange über dieses Buch nachdenken und hoffe, dass es bald ein neues Buch von diesem Autorenduo geben wird! 🎩😄

 

Zitat im Titel von Boleslaw Barlog (1906-1999)

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