Jeder Schatten ist auch immer ein Wegweiser zum Licht

 Rezension 

"Nevernight: die Prüfung" (Band 1) von Jay Kristoff 

 

Schon im Alter von 10 Jahren lernt Mia Corvere die Farbe der Angst kennen. Nachdem ihr Vater Justicus Darius Corvere der Rebellion an der Republik für schuldig befunden wurde, wird er als Verräter in aller Öffentlichkeit erhängt. Ihre Mutter Dona Corvere sowie ihr kleiner Bruder werden wenig später von denselben Männern der Luminatii gefangen genommen und zum Kerker ohne Wiederkehr dem „Stein der Weisen“ gebracht. Mias eigenes Schicksal sieht dabei nur wenig anders aus. Sie wird von zwei Wachen weggebracht, die sie umbringen und im Nahe gelegenen Fluss entsorgen sollen. Allerdings bietet ihr ein Schattenwesen in Form einer Katze einen Ausweg und sie schwört sich, dass sie ihre Familie rächen wird. Ihr Weg führt sie zur besten Assassinenschule der ganzen Republik, um zu lernen, wie sie am besten Rache an denen drei Männer nimmt, die ihre Familie auf dem Gewissen hat.

Für dieses Buch gibt es für mich nur einen Ausdruck: Wow! Obwohl das Buch über 750 Seiten lang ist, habe ich das Buch innerhalb weniger Tage regelrecht verschlungen. Der Weg der Rache, den Mia Corvere einschlägt, hat mich einfach nachhaltig fasziniert und ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen. Die Welt ist grausam, dreckig, düster und ungezähmt und wird wohl auch nicht jeden Geschmack treffen, denn allein der Einstieg in die Welt von Nevernight ist schon nichts für Zartbesaitete, aber für mich ist die Rechnung aufgegangen. Ich wollte immer mehr über die Zusammenhänge der Familie Corvere mit den Luminatii wissen und welche Rolle die rote Kirche, die beste Assassinenschule der Republik, in allem spielt. Diese „Vorgeschichte“ wird am Anfang jeden Kapitels weitererzählt, denn mittlerweile ist Mia Corvere 16 Jahre alt und auf dem Weg zur roten Kirche, um sich zur einer Assassinin auszubilden zu lassen. Diese doppelte Erzählstruktur fand ich sehr spannend und habe begierig die Informationen aufgesogen.

Zudem ist Mia Corvere einfach ein faszinierender Charakter. Sie dürstet es zwar nach Rache und tut alles dafür, kalt zu wirken, aber sie hat immer noch ihr Herz am rechten Fleck. Obwohl das Leben nicht immer nett zu ihr war, knüpft sie in der Assassinenschule zarte Bande mit Tric oder schließt Freundschaft mit Lotti und dem Bibliothekar. Kurz gesagt sie verhält sich wie eine normale 16-Jährige und hat die gleichen Sorgen und Probleme wie jede 16-Jährige. Sie setzt sich für ihre Freunde ein und hebt sich damit deutlich von den anderen Akolythen ab. Aber nicht nur in dieser Hinsicht hebt sie sich von den anderen ab, sondern auch, weil sie „anders“ ist. Mia Corvere ist eine Dunkelinn, die mit Schatten sprechen kann und sich in ihnen verbergen. Dies bietet ihr viele Möglichkeiten, nicht nur in kämpferischer Sicht. Allerdings ist sie scheinbar die Einzige, die diese Fähigkeit hat bis sie auf Lord Cassius trifft, der Anführer der roten Kirche.

Darüber hinaus wirkte die Welt von Nevernight neuartig auf mich und hat damit direkt mein Interesse geweckt. Neben Mia, die eine Dunkelinn ist, gibt es auch Blutmagier, die es jemandem ermöglichen, sich durch gefüllte Blutbecken zu teleportieren oder Gesichtsbildner, die das gesamte Äußere einer Person verändern können. Generell ist die Assassinenschule, die der Hohen Frau des gesegneten Mordes geweiht ist, ein interessanter Ort, da es dort auch eine Bibliothek gibt, die gefüllt ist mit toten Büchern, die nie hätten veröffentlicht werden dürfen. Natürlich leben an diesem Ort auch schreckliche Kreaturen, die jeden Bibliotheksbesucher gerne zum Frühstück verspeisen. Auch die Stadt Gottesgrab, die italienisch angehaucht ist, hat mir sehr gut gefallen, da alle Stadtgebiete nach einem bestimmten Körperteil benannt ist z.B. „den Rippen“.

Ebenso hat mir der Humor von Nevernight sehr zugesagt. Immer wieder meldet sich ein Erzähler zu Wort, der munter mit dem Leser plaudert und ironisch die Geschichte von Mia Corvere kommentiert. Diese Kommentare gehen auch in den vielen Anmerkungen, die sich am Ende des Buches befinden, weiter. Deswegen lohnt es sich wirklich, diese Anmerkungen auch zu lesen. Ich musste mehrmals herzlich lachen und man erfährt auch so ganz nebenbei noch viele interessante Details, die ansonsten keinen Platz mehr während der Geschichte gefunden haben. 

Deswegen kann ich nur jedem dieses Buch an Herz legen, der sich von einer dreckigen und düsteren Fantasywelt nicht abschrecken lässt und gerne eine 16-jährige Assassinin auf ihrem Rachefeldzug begleiten will. Ich freue mich schon sehr auf Band 2!

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