Menschen hassen nicht von Geburt an. Hass wird ihnen erst später beigebracht.

 Rezension 

"Pigment" von Johannes Pantel 

 

Der Psychiater Gregor Assmann hat eine angesehene Stellung als Stationsleiter einer psychiatrischen Klinik in Frankfurt und lebt mit seiner langjährigen Freundin Barbara in einer schönen Dachwohnung in einem Frankfurter Vorort. Seine einzigen Probleme drehen sich um die vom Direktor geplante Neustrukturierung der Klinik und seine eingeschlafene Beziehung zu Barbara. Dies ändert sich jedoch plötzlich als Gregors Haut immer dunkler wird. Ein Umstand, der auch seiner Umwelt nicht verborgen bleibt. Schnell wandeln sich belustigte Kommentare, ob er zu lange im Sonnenstudio war, in rassistische Kommentare und gewaltsame Auseinandersetzungen..

Dieses Buch hat mich auf seine Art tief bewegt, sodass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Das Schicksal des Gregor Assmann ist keine einfach zu verdauende Geschichte, denn sie thematisiert ein Problem, dass seit vielen Jahrhunderten in unserer Menschheitsgeschichte existiert: Rassismus. Dabei wird das Buch nicht nur aus einem Blickwinkel beschrieben, sondern versucht, viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Neben Gregor, der immer mehr seine ursprüngliche Hautfarbe verliert, macht die Geschichte nach jedem Kapitel einen Sprung in das Jahr 1776, um die Geschichte des Sklaven Toussaints zu erzählen, der dem Bayon von Libertat gehört. Daneben erhält man auch immer wieder einen Einblick, was Gregors Arbeitskollegen oder Patienten über Gregors Veränderung denken, was sogar so weit geht, dass Patienten eine Behandlung ablehnen, weil sie Angst vor ihm haben. Aber auch Freunde und Nachbarn wundern sich über Gregors Veränderung und erkennen ihn auch nicht mehr wieder. Man hat das Gefühl, die Menschen in diesem Buch werden blind und taub, sobald sie einen Menschen mit dunkler Hautfarbe sehen, da sie dann nur noch von ihren Vorurteilen beherrscht werden.

Dies hat mich auf der einen Seite extrem wütend gemacht und gleichzeitig auch sehr traurig. Natürlich existiert Rassismus immer noch in unserer Welt und wird wohl auch nie ganz aus den Köpfen der Menschen verschwinden, aber alles auf einmal so konzentriert in diesem Buch zu lesen, hat mich fassungslos gemacht, weil ein so verdammt wahrer Kern in dem Ganzen steckt. Ich finde das Buch hat hier einen sehr guten Spagat hinbekommen, verschiedene Ansichten zu präsentieren, aber diese nicht zu bewerten, sondern die Bewertung dem Leser zu überlassen. Neben den erschreckenden Erlebnissen von Gregor und auch Toussaints, bekommt man auch eine wissenschaftliche Sicht auf die Dinge, was es eigentlich mit diesem „weiß sein“ auf sich hat und warum die Hautfarbe eine so immense Bedeutung auf die Menschheit ausübt. Diese Passagen im Buch fand ich mit am interessantesten, denn sie beruhen auf wahren Fakten und man lernt z.B. was das alles mit einem Zebrafisch zu tun hat.

Darüber hinaus bekommt man auch einen guten Einblick in den Alltag einer psychiatrischen Klinik und bestimmte Gedanken und Gesprächen spiegeln Reflexionen und Ambivalenzen des Autors wider, die ihn während seiner langen Arbeit in der Psychiatrie von Anfang an begleitet haben. Diese Mischung aus Fiktion und Realität fand ich große klasse.

Zudem fand ich auch den generellen Aufbau des Buches interessant, da sich verschiedene Textarten im Laufe des Buches abwechseln. Neben den normalen Romanseiten bekommt man auch Briefe oder Tagebuchseiten zu lesen, die Abwechslung in den Lesefluss bringen und mich haben aufmerksamer lesen lassen. Auch die Verflechtung der Geschichten zwischen Toussaints und Gregor fand ich sehr gut gelöst, denn beide haben eine Gemeinsamkeit, die man an späterer Stelle im Buch aufdecken kann.

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch ans Herz legen, der nicht davor zurückschreckt, auch mal ein Buch mit einem ernsten Thema zu lesen. Es lohnt sich auf jeden Fall!

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