Es ist so schwer, meine Lippen zu versiegeln und meine Ideen zu unterdrücken

 Rezension 

"Pinselstriche" von Sylvia Vetta

 

Die chinesische Künstlerin Xiaodong wächst im kommunistischen China auf und entdeckt mit der Zeit ihr künstlerisches Talent. Doch es ist schwer, sich in einem Land künstlerisch auszudrücken, dass die Freiheit jedes einzelnen Individuums einschränkt. Sie entdeckt ihren Widerwillen gegen politische Unterdrückung und schließt sich der radikalen Künstlervereinigung „die Sterne“, die sich für Meinungsfreiheit einsetzt, an. Ein gefährlicher Weg steht Xiaodong bevor.

Innerhalb weniger Stunden habe ich dieses Buch ausgelesen, da es mich sehr bewegt hat. Obwohl es eine fiktionale Erinnerung ist und es die Künstlerin Xiaodong nicht gibt, hat mich ihre Geschichte emotional berührt. Ein Satz ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben und steht stellvertretend für Xiaodongs Erlebnisse „es ist so schwer, meine Lippen zu versiegeln und meine Ideen zu unterdrücken, in kleinen Schuhen zu laufen und mich dem Willen meiner Vorgesetzten zu beugen.“

Xiaodong lebt zur Zeit der Kulturrevolution und zur Amtszeit von Präsident Mao in China. Eine Zeit, von der ich schon viel gehört habe, aber dessen Ausmaß mir bis zu diesem Zeitpunkt, als ich das Buch gelesen habe, nicht bewusst war. Präsident Mao führt sein Volk mit eiserner Hand und schafft alles ab, was einen Menschen zu einem Individuum macht. Menschen, die sich dagegen wehren oder mit ihrem Verhalten auffällig sind, werden in Umerziehungslager gesteckt und fristen dort ein menschenunwürdiges Leben. Selbst Xiaodongs Familie wird vor diesen Maßnahmen nicht verschont, und so muss ihre Mutter mehrere Jahre in ein Umerziehungslager, da sie als Lehrerin russischen Sprachunterricht gibt, und ihr Vater wird öfters von Parteigenossen gedemütigt, in dem er ihre Toiletten putzen soll.

Schon alleine bei diesen Schilderungen wird mir das Herz schwer, obwohl das noch lange nicht die schlimmsten Vorkommnisse in Xiaodongs Leben sind. Die Jahre von Maos Präsidentschaft sind die entbehrungsreichsten Jahre ihres ganzen Lebens. Doch man merkt auch, dass sie niemals aufgibt. Sie schildert die Vorkommnisse mit einer Sachlichkeit, als ob sie diese nicht wirklich berühren. Nur in den Briefen an ihre Tochter lässt sie ihren Emotionen freien Lauf und erklärt ihr, warum sie so ist, wie sie ist. Ich fand diese Erzählweise in Briefen ziemlich gut umgesetzt, da die Geschichte so nahbarer wirkt und man trotz der schlimmen Geschichte von Xiaodong weiß, dass sie es geschafft hat, diesem Leben zu entkommen und eine Familie zu gründen.

Es ist wieder eine dieser Geschichte, die zeigen, wie wichtig die Meinungsfreiheit ist. Zwar kann man darüber diskutieren, dass es manche Ansichten gibt, die besser unausgesprochen bleiben sollten, allerdings sind es immer noch Meinungen, die unser Verständnis füreinander stärken können. Unterdrückung und Verbote können niemals einen Auseinandersetzung mit verschiedenen Meinungen und Ansichten ersetzen. Es zeigt nur, dass die Führungsspitze Angst davor hat, dass die Menschen ihren eigenen Kopf nutzen und ihr Verhalten kritisch hinterfragen.

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch wärmstens ans Herz legen, der eine berührende Geschichte über eine Frau lesen möchte, die in einem Staat aufwächst, der die Freiheit und Träume seiner Bevölkerung im Keim erstickt.

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