Ich hatte keine Worte. Nur die anderen hatten Worte.

 Rezension

"Sierra Clara" von Karin Eger

 

Obwohl Sabine alles andere als glücklich in der Beziehung mit dem erfolglosen Schauspieler Fritz ist, freut sie sich sehr auf ihr gemeinsames Kind. Schon bald bringt Sabine eine gesunde Tochter mit dem Namen Clara auf die Welt. Doch die Ärzte und Fritz sind verwundert, denn die Hautfarbe der kleinen Clara weicht sehr von der Hautfarbe ihrer Eltern ab. Ein Geheimnis, das nie hätte gelüftet werden sollen, drängt sich in den Vordergrund und Sabine steht plötzlich ganz allein mit Clara da.

Mich hat dieser Roman sehr bewegt, denn zentrales Thema dieses Buches ist die Diskriminierung von Menschen aufgrund der Hautfarbe. Dabei wird facettenreich aufgezeigt, dass die Diskriminierung nicht nur in hinterwäldlerischen bayerischen Dörfern auf einen lauern kann, sondern auch in großen Städten ein gern benutztes Mittel ist, um sich über andere Menschen emporzuheben.

Clara stellt dabei ein unschuldiges Kind dar, das in diese Welt mit ihren Vorurteilen hineingeboren wird und versuchen muss, seinen Platz in dieser Welt zu finden. Immer wieder schenken die Menschen in ihrer Umgebung ihrer Hautfarbe mehr Aufmerksamkeit als ihrem Wesen und versuchen in ihren Köpfen eine Lebensgeschichte für sie zurecht zu spinnen. Denn sie lebt ja in keinen „geordneten Verhältnissen“, wenn ihre Mutter alleinerziehend ist und dann hat ihre Mutter auch noch das Kind eines Schwarzen ausgetragen. Mich haben gerade diese Passagen im Buch sehr traurig gestimmt, denn ich weiß, dass die Menschen so denken, dass es ihre Wahrheit der Dinge ist. Dabei habe ich nie verstanden, wie man so blind anderen Menschen gegenüber sein kann.

Aus diesem Grund haben mir auch die Erziehungsmethoden von Claras Kindergärtnerin Hanna sehr gut gefallen. Schon im Kindergarten wird Clara kritisch beäugt, denn den Kindern fällt sofort auf, dass sie „anders“ ist und natürlich dauert es auch nicht lange, bis die Kinder ihre fiesen Kommentare dazu abgeben. Hanna lässt ein solches Verhalten allerdings von Anfang an nicht zu und versucht die Kinder für Claras Situation zu sensibilisieren mit den Worten: „Stellt euch mal vor, ihr wärt wie die Clara ganz neu hier. Wer kann sagen, wie er sich da fühlen würde?“. Ich fand diese Frage und das Gedankenexperiment klasse, denn so beginnen die Kinder damit ihre eigene Gedankenwelt zu verlassen und sich in andere hineinzuversetzen.

Leider funktioniert dieses Gedankenexperiment scheinbar nur mit Kindern, denn erwachsene Menschen sind viel zu stark in ihren eigenen Ansichten festgefahrenen und müssen dann auch noch in der ständigen Angst leben, dass ihnen etwas weggenommen wird. So erfährt Clara fernab des Kindergartens weiterhin Diskriminierung, allerdings lernt sie nach und nach damit umzugehen und sich Orte zu schaffen, an denen sie so sein kann, wie sie ist. Zum einen ist das ihre Liebe zum Fußball, denn in diesem Bereich zählt die sportliche Leistung mehr als kindlich anmutende Befindlichkeiten und zum anderen der Luftraum. Wenn Clara in einem Flugzeug sitzt, lässt sie ihre Probleme auf dem Boden und die Menschen sind für die kurze Zeitspanne des Fluges gleich, denn sie sitzen alle in derselben Situation.

Darüber hinaus lernt Clara auch Menschen kennen, die sie so akzeptieren, wie sie sind wie z.B. ihr Jugendfreund Benedikt, ihre Mutter Sabine, ihr Schauspielvater Fritz oder ihre Tante Frieda. Allerdings unterstützen diese Menschen sie auch gleichzeitig nicht dabei, ihre Identität zu finden. Clara muss sich von ihnen abkapseln, um herauszufinden, wer sie wirklich ist. Ich fand Clara einfach ein toller Charakter und habe sehr mit ihr mitgefiebert, dass sie ihr Glück finden wird. Egal, ob es jetzt die geglückte Suche nach ihrem biologischen Vater ist oder die Erkenntnis, dass man vielleicht manchmal gar nicht seine Wurzeln kennen muss, um glücklich zu sein. Über sich hinauswachsen tut man eh meistens allein, so wie Clara 😊

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine großartige Geschichte über eine Frau lesen möchte, die ihr Leben lang mit Diskriminierung zu kämpfen hat.

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