Der Tod ist die Grenze des Lebens, nicht aber der Liebe.

 Rezension 

"Herzklangstille" 

von Julia Dessalles

 

Eine nicht funktionstüchtige Telefonzelle im Garten ihres kleinen Cottages ist das Einzige, was June noch mit ihrer verstorbenen Mutter verbindet, denn dort kann sie hingehen, wenn sie mit ihr sprechen möchte. Ansonsten ist ihr Leben von Einsamkeit geprägt, denn niemand scheint das „komische Mädchen“ zu verstehen. Doch als ihr eines Tages ein Junge einen Liebesbrief überreicht und mit ihr zusammen sein will, kann sie sich nicht mehr daran erinnern, was danach passiert ist. Als sie jedoch die Stimme genau dieses Jungen etwas später in der Telefonzelle ihrer Mutter hört, kommt ihr ein schrecklicher Verdacht…

Zwar bin ich höchstwahrscheinlich nicht die Zielgruppe für dieses Buch und habe mit „Young Adult Romance“ auch sonst wenig am Hut, aber dieses Buch hat es geschafft, dass ich nach den ersten Seiten auch wissen wollte, wie die Geschichte für June weitergehen wird. Denn June ist eine klassische Außenseiterin und, das nicht, weil sie „komisch“ oder „anders“ ist, sondern weil sie in ihren jungen Jahren schon etwas mitmachen musste, was anderen Jugendlichen in diesen Jahren nicht passiert. Während andere in diesem Alter gegen die Eltern rebellieren, steht June ohne den Rat ihrer Mutter da und muss allein damit klarkommen, dass ihr Körper sich nach und nach verändert.

Dadurch wirkt June von Anfang an tiefgründiger als der Rest ihres Jahrgangs und stößt bei den meisten auf Unverständnis, wenn sie erzählt, dass sie mit ihrer Mutter redet. Dabei ist es doch eigentlich etwas Schönes, wenn man sich an die Toten erinnert und sie noch am eigenen Leben teilhaben lässt, denn sie werden schließlich in den Erinnerungen immer ein Teil von einem selbst bleiben. So konnte ich die Trauer und den Schmerz von June sehr gut nachempfinden, da ich weiß, wie es ist, wenn man die Einzige ist, die Verlust erfahren hat und die anderen um einen herum noch nie diese Art von Schmerz erlebt haben.

Generell fand ich auch das Element „Telefonzelle, die einem die Möglichkeit gibt, nochmal mit Verstorbenen zu sprechen“ sehr schön. Vielleicht sollte man auch in Deutschland einen solchen Raum schaffen, da ich mir vorstellen kann, dass es sehr tröstend sein kann. Auch wenn man sich z.B. nicht traut, „einfach so in den Raum zu sprechen“.

Darüber hinaus fand ich es schön, dass June und Cole sich in ihrer Trauer auf eine gewisse Art gegenseitig helfen, auch wenn Cole am Anfang wenig angetan ist, mit June zu sprechen. Das Schicksal ist manchmal einfach nicht fair, aber gemeinsam ist es vielleicht etwas erträglicher. So arbeiten June und Cole nach und nach auf, was damals kurz nachdem June den Liebesbrief bekommen hat, passiert ist. Dabei gibt es auch durchaus witzige Szenen zwischen den beiden, die einfach auch nochmal zeigen, dass das Leben aus so vielen Farben und Emotionen besteht. Verlust ist immer schmerzhaft und manchmal sogar so unerträglich, dass man das Gefühl hat, selbst daran zu sterben, aber das Leben besteht aus mehr als nur Verlust und das zeigt das Buch, wie ich finde, außerordentlich gut.

Alles in allem kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine berührende Geschichte über das Leben zweier Jugendlicher lesen möchte, die gemeinsam den Verlust eines geliebten Menschen überwinden. 

 

Vielen lieben Dank an den Arctis Verlag für das Rezensionsexemplar! 💖

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