Der Schmerz, den du heute fühlst ist die Stärke, die du morgen spürst

 Rezension 

 "Lied der Dämmerung" von Fabienne Zwicker

 

Fjara lebt mit ihrer Mutter Merethe in einer beschaulichen Hütte in der Nähe eines Dorfes. Von der Gemeinschaft halten sie sich größtenteils fern, denn sie sind Hexen und damit nicht sehr beliebt. Außer der Bauernjunge Esa hat eine zarte Bande mit Fjara geschlossen und verbringt seine Freizeit mit ihr. Als er ihr jedoch den Vorschlag macht, mit ihm zusammen fortzulaufen, um irgendwo anders neu anzufangen, gibt Fjara ihm einen Korb. Tief verletzt trifft Esa eine folgenschwere Entscheidung und tritt einer Gruppe von Hexenjägern bei. Ihr erstes Ziel: Fjara und ihre Mutter.

Innerhalb kürzester Zeit habe ich dieses Buch verschlungen, denn ich war wie verzaubert von der Mischung aus nordischer Mythologie und dem Abenteuer einer jungen Hexe in Schweden des Jahres 1410. Am Anfang noch schwach und unsicher, wächst Fjara im Laufe des Buches über sich hinaus, um die zu beschützen, die ihr wichtig sind. Dabei kann sie am Anfang ihrer Reise noch nicht einmal ein Feuer zaubern, geschweige denn ohne ihre Runen einen Zauber weben. Doch schon bald merkt sie selbst, dass eine verborgene Kraft in ihr schlummert.

Darüber hinaus fand ich Fjara auch sehr sympathisch, denn sie nimmt ihr Schicksal mutig an und versucht Lösungen für ihre Situation zu finden, anstatt ihre Umstände zu beklagen. So lässt sie sich auch auf einen Handel mit einem Geist ein, der in ein Amulett ihrer Mutter versiegelt wurde, obwohl sie die Konsequenzen fürchten muss. Zwar stellt sich dieser Geist später als wertvoller Wegbegleiter heraus, als sie ihm erst einmal hilft, seinen Körper wieder zurückzubekommen, aber das konnte sie keineswegs vorher wissen. Genau diese Unerschrockenheit fand ich sehr lobenswert.

Dem gegenüber steht ihr alter Freund Esa, der sich aufgrund seiner verletzten Gefühle den Hexenjägern anschließt und Fjara und ihrer Mutter schlimmes antut. Denn er bringt sie durch diesen Verrat nicht nur um ihr Zuhause, sondern die Hexenjäger verschleppen Meredeth auch, um sie zu foltern. Zwar ist mir Esa dadurch alles andere als sympathisch, allerdings konnte ich auch in gewisser Weise nachvollziehen, warum er das getan hat. Wie viele andere Menschen auch sehnt sich Esa nach einem Ort, an dem er frei sein kann und so agieren, wie er es für richtig hält fernab von irgendeiner Verantwortung gegenüber der Familie. Zudem will er die Welt sehen und ist innerlich getrieben, die Sachen nachzuholen, die er sein ganzes Leben verpasst hat. Diese Beweggründe entschuldigen sein Verhalten zwar nicht, aber ich verstehe zumindest, warum er es getan hat.

Ebenso fand ich die Aufmachung des Buches große Klasse. Neben dem wunderschönen Cover gibt es nach jedem Kapitel kleinere Illustrationen, die die Geschichte auch bildlich vorantreiben. Dadurch ist es mir noch besser gelungen, in die Geschichte einzutauchen. Zudem fand ich es auch interessant, wie die nordische Mythologie in die Geschichte eingewebt wurde, denn nach einer Weile findet Fjara heraus, dass die Geschichten ihrer Kindheit vielleicht doch nicht nur Märchen sind, sondern auch einen wahren Kern beinhalten. So lernt Fjara den Wolfsgott Hati kennen und man bekommt einen Einblick in die Geschichte der Wölfe, die den Mond fressen wollten. Dies fand ich sehr interessant, denn ich habe schon einmal von dieser Geschichte gehört und konnte sie gut in den Kontext bringen.

Alles in allem kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine spannende Geschichte über eine junge Hexe lesen möchte, die bald herausfindet, dass die nordischen Götter vielleicht doch nicht nur der Einbildung entspringen.

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