Ich bin gegen Mode, die vergänglich ist. Ich kann nicht akzeptieren, dass man Kleider wegwirft, nur weil Frühling ist - Coco Chanel
Rezension
"Frühjahrskollektion"
von Christine Koschmieder
Nachdem Lilo jahrelang abgetragene Witwenkleidung zu ihrem ikonischen Kleidungsstück „Kowatz knielang“ umgeändert hat, möchte sie sich weiterentwickeln und Bademoden für die reife Frau anbieten. Doch mit dieser neuen Aufmerksamkeit tauchen auch Fragen zu ihrer Vergangenheit auf. Denn die Justiz interessiert sich neuerdings für die Geschäfte, die damals im besetzten Polen gemacht worden sind. Auch ihre Tochter Reni, die mittlerweile als Kaufhausmannequin mit der Norddeutschen Modenschaugesellschaft durch die Welt reist, stellt immer wieder unangenehme Fragen zur Vergangenheit ihrer Eltern und erfährt so nach und nach mehr über die Vergangenheit deutscher Konfektionshäuser.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir vorher nie Gedanken über die Vergangenheit bestimmter Modehäuser gemacht. Natürlich kann man anhand des Firmenalters zurückrechnen, wann sie gegründet worden sind, und meistens bestanden diese Firmen auch schon lange vor der Zeit des Zweiten Weltkriegs, aber wie sie genau in dieser Zeit in die Ideologie involviert waren, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Aus diesem Grund war es für mich interessant, zu erfahren, was Neckermann oder auch Karstadt in dieser Zeit gemacht haben.
Allerdings wird dies nicht in Form einer langweiligen Sachbuchform-artigen Geschichte erzählt, sondern mit dem Leben der Familie Kowatz verwoben, die im damals besetzten Polen gelebt hat. Dabei hat jedes der drei Familienmitglieder andere Probleme, mit denen es sich herumschlagen muss. So muss Lilo ihre neue Modekollektion vor Reportern verteidigen, Harry beginnt eine neue Arbeit bei dem Versandunternehmen Neckarmann, das eine verwerfliche Vergangenheit hat, und Tochter Reni leidet unter einer Essstörung, damit sie weiterhin dünn genug ist, um als Mannequin zu arbeiten. Die Geschichte wird dabei immer abwechselnd aus einer der drei Perspektiven erzählt.
Von allen drei Perspektiven fand ich die Geschichte von Tochter Reni am interessantesten, da sie zwar zu der Zeit gelebt hat, als ihre Eltern mit bestimmten Modehäusern kooperiert haben, sie es aber als Kind anders wahrgenommen hat. Sie hinterfragt nun bestimmte Dinge und ist erschüttert von der Wahrheit, die sich ihr offenbart. Zudem war mir ihr Schicksal auch nicht egal, da sie neben der Vergangenheit ihrer Eltern auch ein paar andere Probleme hat, wie ihren Freund, der auch eine nicht ganz westenreine Vergangenheit hat, oder die anderen Mannequinkolleginnen, die sie zu einer Magersucht drängen.
Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen, denn es zeigt wieder, dass wir uns mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen müssen. Ich kann jedem dieses Buch empfehlen, der ein Buch über die Vergangenheit deutscher Konfektionshäuser lesen möchte.
Vielen lieben Dank an den Kanon Verlag für das Rezensionsexemplar! 💗
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