Ein wahrer Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.

 Rezension 

"All die Liebenden der Nacht"

von Mieko Kawakami

Fuyuko arbeitet als freiberufliche Korrekturleserin von zu Hause aus und hat auch sonst außer ihrer Arbeitskollegin Hijiri Ishikawa nur wenig Kontakt zu anderen Menschen. Zunehmend vereinsamt sie in ihrer Wohnung im lebhaften Tokio. Eines Tages entschließt sie sich, einen VHS-Kurs zu besuchen und hofft auf Besserung ihrer Situation, doch damit beginnen erst die Probleme, denn Fuyuko öffnet sich zum ersten Mal einem Menschen.

Bei diesem Buch zeigt sich mal wieder, wie wichtig es ist Verlagsmenschen zu haben, die deine Interessen kennen und dich auf das ein oder andere Buch aufmerksam machen, falls du es selbst nicht mitbekommen hast. So schlug mir eine liebe Verlagsmitarbeiterin von Dumont dieses Buch vor, als ich erwähnte, dass ich gerne Bücher aus Japan lese und ich muss sagen, dass ich wirklich etwas verpasst hätte, wenn ich dieses Buch nie gelesen hätte.

Dieses Buch erzählt die berührende Geschichte einer Frau, die schmerzhaft und fesselnd zugleich ist. Schonungslos wird dargestellt, was es bedeutet, wenn man plötzlich merkt, dass man den Anschluss zu anderen Menschen verloren hat und zunehmend vereinsamt, obwohl das Leben um einen herum pulsiert.

Fuyuko begibt sich zunehmend in ihrem Arbeitsalltag in eine Abwärtsspirale, sodass sie ihren einzigen Ausweg nur noch im Alkohol sieht, denn der dämpft alles um sie herum und sie fühlt sich gewappneter Konfrontationen mit anderen Menschen gegenüber. So lernt sie in einem VHS-Kurs auch Herr Mitsutsuka kennen, mit dem sie ab dann immer mehr Zeit verbringt. Eine harmlose Begegnung verwandelt sich immer mehr in einen obsessiven Zwang, dem anderen Menschen zu gefallen und das eigene Wesen vollkommen zurückzustellen. So findet sich Fuyuko öfters in Situationen wieder, in denen sie sich unwohl fühlt, aber Herrn Mitsutsuka zuliebe auf sich nimmt.

Fuyukos Geschichte ist nicht einfach zu verdauen, denn schon bald offenbart sich der wahre Grund ihrer Vereinsamung, den ich sehr gut nachempfinden konnte. Traumata sind nicht einfach zu überwinden, selbst wenn man sich einredet, dass man daran nicht zerbrochen ist. Ich konnte mit Fuyuko mitleiden, aber mich auch für ihre kleinen Erfolge freuen, z.B., wenn sie sich getraut hat und mit ihrer Arbeitskollegin Hijiri ausgegangen ist. Sowieso fand ich das Verhältnis zwischen Fuyuko und Hijiri sehr schön, denn Hijiri gibt Fuyuko nicht auf, egal wie seltsam sich Fuyuko verhält. Am Ende scheint es die einzige Person, in dieser Welt zu sein, die sich wirklich für die wahre Fuyuko interessiert.

Dieses Buch hat mich wirklich überrascht und mir auch gezeigt, wie wertvoll Freundschaft sein kann. Ein poetisch, fesselndes und schmerzhaftes Buch, an das ich noch lange zurückdenken werden. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der eine Geschichte über den wahren Wert von Freundschaft lesen möchte.

Vielen lieben Dank an den Dumont Verlag für das Rezensionsexemplar! 💗

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