Wir wollten Bischof werden, so sind wir Bader worden.

 Rezension 

"Der Getreue des Herzogs" 

von Johanna von Wild 

Selbst als sechsjähriger Grafensohn macht Ulrich schon keine Kompromisse, wenn es darum geht, dass er unbedingt etwas haben möchte. Dies ändert sich auch in den darauffolgenden Jahren nicht, als er schließlich im Alter von 11 Jahren Herzog von Württemberg wird. Verschwenderisch treibt er das Land in den Ruin und verliert dadurch viele Sympathiepunkte bei der Bevölkerung. Einzig allein sein treuer Freund aus Kindheitstagen bleibt bei ihm, wenn es Johannes auch vor eine Herausforderung stellt.

Da ich schon seit fast 2 Jahren in Tübingen lebe, aber noch fast nichts über die geschichtlichen Hintergründe dieser Gegend weiß, fand ich es interessant, ein Buch über die Lebensgeschichte des Herzogs Ulrichs von Württemberg zu lesen. An vielen der Schauplätze des Buchs war ich selbst schon öfter gewesen, wie z. B. auf Schloss Hohentübingen, sodass ich mich direkt gut in die Geschichte einfinden konnte.

Zwar behandelt das Buch zu großen Teilen die Lebensgeschichte des Herzogs Ulrichs, aber aus der Sicht seines Kindheitsfreunds Johannes. Dieser lebt ein einfaches bürgerliches Leben und erhält die Chance, aus seiner gesellschaftlichen Schicht auszubrechen, weil er durch die Freundschaft mit dem Grafensohn Ulrich ein Stipendium erhält und Arzt werden kann. Trotz dieses Aufstiegs trennen Ulrich und Johannes noch Welten. Denn während Johannes hart arbeiten muss, um ein anerkannter Arzt zu werden, tut Ulrich eigentlich nichts, um seine Position als Herzog zu rechtfertigen, und darf es trotzdem bleiben, weil er mächtige Verbündete hat. Ich fand diesen Perspektivwechsel hin zu einer normalen Person des Volkes gut umgesetzt, denn so erlebt man die Geschichte nicht aus den Augen von Herzog Ulrich, sondern aus der Perspektive eines Dritten, der sein Handeln über die Jahre neutral beobachten kann.

So lernte ich viele Seiten eines Mannes kennen, der das Verschwenderische mochte und trotzdem nie einen Gedanken daran verschwendet hat, ob ihm ein solches Handeln auch wirklich zusteht. So wird er auch ein Mörder, ein Fremdgänger, aber auch ein Reformator, weil er sich von der katholischen Kirche lossagt. Ich fand es spannend, mehr über diesen ambivalenten Charakter zu erfahren. Dagegen bleibt Johannes immer etwas blass, denn er lebt zwar sein Leben, aber muss seine eigenen Wünsche immer wieder zurückstellen, wenn Ulrich nach ihm ruft. So wirkte die Suche nach seiner großen Liebe bald nur noch wie eine Pflichterfüllung und weniger wie etwas, was er sich sehnlich wünscht, denn die Jahre ziehen ins Land, ohne dass er ihren Aufenthaltsort erfährt. Man könnte auch sagen: Herzog Ulrich ist wie ein schwarzes Loch, das alle in seiner Umgebung ins Unglück stürzt.

Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen und ich kann jedem dieses Buch empfehlen, der nach einem gut recherchierten historischen Roman sucht über die Lebensgeschichte von Herzog Ulrich von Württemberg.

 

Vielen lieben Dank an den Gmeiner Verlag für das Rezensionsexemplar! 💗

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