Die der Eltern Güter und nicht ihre Tugenden erben, sind bloß halbe Erben.

 Rezension 

"Gold und Ehre" 

von Sabine Weiß

 

Nach einem kleinen Missgeschick, das weitreichende Konsequenzen mit sich zieht, wird der junge Architekt Benjamin Aard von seinem Vater zur Strafe nach Hamburg geschickt. Zunächst ist Benjamin alles andere als begeistert, vertritt er doch die Ansicht, dass Hamburg im Gegensatz zu seiner Heimatstadt Amsterdam höchst provinziell ist. Auch die ersten Tage dort entpuppen sich als wahrer Albtraum für Benjamin, doch nach und nach lernt er mit den Zuständen dort zu leben und beginnt damit, sich einen Namen als angesehener Architekt zu machen.

Da ich schon die „Krone der Welt“ von Sabine Weiß gelesen habe und dieses Buch schon ziemlich gut fand, habe ich mich sehr gefreut, als ich gesehen habe, dass sie ein weiteres Buch mit dieser Thematik herausgebracht hat. Ich habe mich zwar im Vorfeld nicht darüber informiert, um was es in diesem Buch genau gehen wird, allerdings war meine Freude umso größer, als ich gesehen habe, dass alte Bekannte ihren Weg in dieses Buch gefunden haben. Es ist zwar nicht erforderlich für ein besseres Verständnis „die Krone der Welt“ gelesen zu haben, doch ich kann es nur empfehlen, da es schön ist zu sehen, was aus den Charakteren geworden ist.

So erleben wir, wie der Sohn von Vincent Michiel Aard mit seinen eigenen Söhnen Benjamin und Daan zusammen als Architekten arbeiten. Man könnte sagen, der Architekturberuf liegt den Aards im Blut und ich fand es bewundernswert, wie dieses Handwerk über die Jahre an die nächsten Generationen vererbt worden ist. Allerdings hat Michiel Aard aber auch noch andere Ambitionen, für die er gelinde gesagt auch über Leichen geht. Er möchte als Erster seiner Familie unbedingt ein politisches Amt begleiten und einen Sitz im Stadtrat von Amsterdam einnehmen. Doch dazu braucht er die Unterstützung von anderen einflussreichen Familien. Diese Unterstützung versucht er zu bekommen, in dem er seine Söhne verheiratet und darauf achtet, dass die Aards einen tadellosen Ruf behalten. Deswegen schickt er auch ohne mit der Wimper zu zucken, seinen Sohn Benjamin nach Hamburg, als dieser sich etwas zu Schulden kommen lässt. Auf mich wirkte Michiel dadurch sehr unsympathisch und ich hatte am Anfang wirklich meine Probleme, eine Verbindung zu dem netten Jungen aus „die Krone der Welt“ herzustellen. Zwar bessert sich Michiel im Laufe der Geschichte, aber trotzdem wirkt es am Ende fast zu spät.

Anders als Michiel war mir Benjamin von Anfang an sympathisch und ich habe seinen Lebensweg sehr gerne verfolgt. Vor allem ab dem Zeitpunkt, als er auf Lucia trifft. Die beiden schenken sich zunächst nichts und geben sich einen wunderbaren Schlagabtausch, aber eigentlich tun sie dies nur, weil sie nicht wollen, dass mehr Gefühle zwischen ihnen entstehen. Sie sind davon überzeugt, dass sie aus unterschiedlichen Schichten kommen und keine gemeinsame Zukunft haben. Dennoch habe ich den beiden die Daumen gedrückt, denn sie sind einfach ein wahnsinnig gutes Team.

Neben der Geschichte von Benjamins Wirken in Hamburg bekommt man auch viele Details zur damaligen politischen Situation geschildert. In den Kapiteln um Samuel van Sanders erleben wir aus seiner Sicht die Konflikte zwischen den Briten, Spaniern und Niederländern. Dies fand ich ziemlich spannend, da ich bis jetzt noch nichts über diese Konflikte gelesen habe, allerdings muss man dafür auch in der Stimmung sein, denn diese Kapitel sind sehr detailreich.

Ein einziger Kritikpunkt, den ich anbringen würde, wäre, dass mir persönlich einige Entwicklungen zu schnell gingen. Wenn z.B. doch wichtige Nebencharaktere in einem Nebensatz ihr Ende finden und ansonsten nur noch mal auf einer Seite erwähnt werden, ist das schon ziemlich bitter. Gerade in diesem speziellen Fall hätte ich mir mehr Details gewünscht.

Nichtsdestotrotz kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine spannende Geschichte über den Aufstieg und Fall der Niederlande im 17. Jahrhundert lesen will inklusive der Entstehungsgeschichte des kleinen Michel in Hamburg.

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